Die Diskussion scheint so alt zu sein wie die digitale Fotografie selbst - ständig flammen Debatten darüber in den sozialen Netzwerken auf, die Meinungen gehen auseinander wie der Unterschied zwischen People- zu Landschaftsfotografie. Genauso hitzig werden diese Debatten dann auch geführt, Emotionen bestimmen die Kommentarspalten.
Wenn die Diskussion dem ein oder anderen wie eine alte Leier vorkommen mag, möchte ich auch noch meinen Senf dazu abgeben. Immerhin ist mir das Thema relativ neu. Als Außenstehender bekommt man davon so gut wie gar nichts mit, doch nicht selten wird die Nase gerümpft, wenn Fotos etwas von ihrer Ursprünglichkeit verloren haben. Der Laie wird schnell zum rigoros Bewertenden, bemisst die Bildbearbeitung an seinen eigenen, bescheidenen Knipserkünsten und verurteilt veränderte Fotos oftmals als "unnatürlich".
Auch ich dachte mal so. Da mir vor meiner Zeit des aktiven Fotografierens ab und zu gelungene Motiv geglückt waren, war meine Motivation, Fotos zu erschaffen, die aus der Cam heraus gefallen dürften. Denn: was mit einer einfachen, billigen Kamera funktioniert, muss es mit einem teueren Gerät doch erst recht funktionieren! Wer braucht denn da noch Photoshop? Die würden die Bilder doch sowieso nur verfälschen und übertrieben darstellen...
Heute, eineinhalb Jahre später, weiß ich, dass es dann doch nicht so leicht ist wie zuerst vollmundig behauptet. Nun bin ich kein Experte, aber viele Kommentare erwähnen, dass die Bearbeitung von Fotografien so alt ist wie das Medium selbst. Man saß in der Dunkelkammer, benutzte Chemikalienbäder. Leider weiß ich nicht mal im Ansatz, wie der Prozess zur Verkünstelung der Aufnahmen angewandt wurde und welche Effekte diese auslösen würde. Aber wenn die das so sagen, muss ja was dran sein... In Zeiten der Digitalität ist das eher als Grundkurs für berufliche Laufbahnen oder für Freaks, die nostalgisch verklärt sind, zu betrachten.
Wie gesagt: auch ich wollte mich dieser "Verschandelung" von Fotos erst nicht anschließen. Doch schon die ersten Kontakte zu anderen Fotografiebegeisterten brachten mich sogleich in ein Dilemma. Ohne die entsprechende Technik würde der Einsatz von Photoshop unumgänglich sein, hieß es. Denn auch die mit moderner Technik vollgestopften Geräte würden keine Wunder vollbringen. Schnell wurde mir dieser Umstand bewusst, als ich erste Gehversuche unternahm. Vor allem das Licht würde nicht so einfach zu manipulieren sein, weil man als Laie oder Anfänger den Fehler macht, nur den Teil zu beachten, der einem auf Motiven wichtig erscheint. Ein toll gezeichneter Himmel verdunkelt oft die dazu gehörige Landschaft, anders herum bleibt neben einer saftig grünen und sichtbaren Wiese ein Milchbrei aus Licht am Himmel stehen. Den Standard, beide Bereiche im Einklang miteinander einzufangen, erreicht man dadurch höchst selten.
Man lädt also seine Rohdatei in das Bearbeitungsprogramm. Nun verändere ich umgehend Licht- und Schattenverhältnisse, um die Balance von hell und dunkel so gut wie möglich zu erreichen. Erst danach geht es an den Weißabgleich, Kontrasteinstellung oder die Farbdynamik. Hier beginnt schon die allgemeine Wirkrichtung des Motivs - möchte ich möglichst flache Kontraste? Sollen die Farben zur Geltung kommen? Welchen Grundfarbton möchte ich darin haben? Die Wegweisung des Motivs kann man schon mit ein paar Reglern im Bildschirm der Rohdateibearbeitung einstellen.
Ich bin mal so frei zu behaupten, dass man schnell Gefallen an diesem Feature finden wird. Auch wenn es für Nichtwissende nicht gleich ersichtlich ist, seine Kamera auf RAW einzustellen und dann noch mit Adobes Produkt die richtigen Einstellungen zu finden, sollte man sich nicht selbst um diese Möglichkeit bringen. Leider hört man zu oft davon, dass sich Anfänger dessen verweigern, weil sie eher auf Natürlichkeit pochen. Doch ist es ganz und gar nicht natürlich, wenn man gemachte Aufnahmen mit dem Bild des eigenen menschlichen Auges vergleicht.
Es gibt einen Aspekt in der Debatte, den die Verweigerer gerne mal ausblenden oder übersehen. Die beliebtesten Fotos haben ein mindestens ordentliches Make-over hinter sich. Diese können durchaus natürlich wirken, aber auch die offensichtlich stark veränderten Beispiele werden oft gelobt. Kleine Projekte wie Belichtungsreihen oder Panoramaaufnahmen wären ohne Photoshop eine äußerst mühselige Angelegenheit, out of cam geht da gar nichts.
Und wer hat eigentlich das Gesetz geschrieben, dass Fotos nur natürlich sein müssen? Kreative Veränderungen können auch reizvoll sein, etwa auf alt getrimmte Aufnahmen oder eine extremere Effektnutzung, um Stimmungen zu unterstreichen.
Und die Moral von der Geschicht´? Mittlerweile habe ich auch die alten Aufnahmen aus meiner Jugend- und Orientierungszeit mit Photoshop verändert. Grundsätzlich gefallen mir die Aufnahmen auch so; doch was Photoshop da im Detail noch herausarbeiten kann, macht sie eben noch schöner. Das mag jetzt arrogant klingen, aber der Grund dafür ist schlicht und ergreifend: weil ich es kann. Und ihr könntet das auch. Just give it a try!
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